Der renommierte Arzneimittelhersteller Hevert ist bekannt für seine breite Produktpalette naturheilkundlicher Therapeutika. Zum Portfolio gehören neben erklärt phytotherapeutischen Rezepturen auch solche komplexhomöopathischer Art, sowie einige Präparate mit definierten synthetischen Einzelwirkstoffen. Jüngste Äußerungen der Homöopathie-Kritikerin Natalie Grams haben Hevert nun zum juristischen Handeln gezwungen. Hintergrund war die öffentlich getätigte Aussage von Frau Grams: »Homöopathische Arzneimittel wirken nicht über Placebo-Effekt hinaus.« Das pharmazeutische Unternehmen sieht dieses Problem jedoch differenzierter. Insbesondere wird hier Wert auf die Unterscheidung »zugelassene« versus »registrierte« homöopathische Arzneimittel gelegt. Zudem gibt es zwischenzeitlich zahlreiche Kleinstudien und Untersuchungen, die sehr wohl zu positiven Schlüssen bezüglich feststellbarer homöopathischer Arzneimittelwirkung im Allgemeinen gekommen sind.
Grams kann die getätigte Aussage zum derzeitigen Zeitpunkt nicht schlüssig beweisen. Im Gegenteil steht ihre Behauptung in auffälligem Widerspruch zum tatsächlichen Forschungsstand. Auch der Pharmazeut Gerd Glaeske wurde für eine ähnlich lautende Behauptung von Hevert kontaktiert und zur Unterlassung aufgefordert. Laut Süddeutscher Zeitung hat Glaeske die Vereinbarung unterschrieben. Dazu erklärt er: »Ich hätte es eigentlich besser wissen müssen. Als Tatsachenbehauptung ist es so nicht richtig.« Grams hingegen zeigte sich diesbezüglich bisher nicht einsichtig. Unter der Überschrift »Was sagen wir, wenn uns die Homöopathie-Pharma versucht, mundtot zu machen? Not today.« hat sie Teile der eingegangen Unterlassungsaufforderung via Twitter veröffentlicht. Sie ist dem Vernehmen nach nach wie vor der Meinung, den »geltenden Stand der Wissenschaft zu vertreten«.
Rückenstärkung erhält Sie hierbei von zahlreichen Fans, die Grams im Recht sehen. Eine unangenehme Nebenwirkung: Das Unternehmen Hevert wurde in den Folgetagen aggressiv von solchen »Fans« attackiert. Auf dessen Facebookseite etwa fanden sich binnen weniger Stunden mehrere hundert neue Bewertungen des Unternehmens, gespickt mit diffamierenden Formulierungen, die dem Bereich sogenannter »schwarzer Rhetorik« angehören, fiel deren bis dato durchwegs hervorragende Kundenbewertung in den Keller. Ein solches Phänomen wird im Internet als »Shitstorm« bezeichnet und zeigt die missbräuchliche, dunkle Seite moderner Social Media-Plattformen wie Facebook mit besorgniserregender Deutlichkeit.
Das meint die UDH Bayern
Persönliche Meinungen einerseits sind andererseits nicht zwingend auch Tatsachen. Letztere müssen im Zweifel auch bewiesen werden können. Wenn Grams oder Glaeske Äußerungen tätigen, die bei genauerer Prüfung ausdrücklich nicht dem geltenden Stand der Wissenschaft entsprechen, jedoch in einer Art vorgebracht werden, die sich diesen Anschein gibt, dann bedeutet das u.a. für Unternehmen wie Hevert möglicherweise tatsächliche Geschäftsschädigung. Wenn populäre »Homöopathiekritiker« sich zu derartigen Äußerungen in der Öffentlichkeit hinreißen lassen, dann muss von einem nicht unerheblichen Einfluss auf die Meinungsbildung in der Bevölkerung ausgegangen werden. Somit sollte hier eine tatsächlich vorliegende Geschäftsschädigung gegenüber Unternehmen wie Hevert geprüft werden. Während Glaeske seinen Fehler offensichtlich eingesehen hat, sieht Frau Grams sich trotz aller Argumentation im Recht. Abzuwarten bleibt, wie bezüglich des Falles die weitere Entwicklung sein wird.
Was von uns nicht nachvollzogen werden kann, sind Interpretationen aka »Versuch, der Wissenschaft den Mund zu verbieten«, wie sie vereinzelt von Diskutanten im Internet bescheinigt wurden. Auch Grams selbst hat diesem Empfinden in ihrer Twittermeldung (»… mundtot zu machen …«) Ausdruck verliehen. Wir können indes keinen Zusammenhang zwischen juristisch gerechtfertigtem Anspruch, unwahre Tatsachenbehauptungen nicht zu tätigen und einem generellen Redeverbot gegenüber einzelnen Kritikern oder gar »der Wissenschaft« sehen.
Für erheblich schädigende »Shitstorm-Attacken« auf Unternehmen wie Hevert dafür, dass sie versuchen, ihr gutes Recht durchzusetzen und sich damit auch dem Streben nach Wahrheit sowie Fairness im öffentlichen Diskussionsdiskurs verpflichtet zeigen, haben wir keinerlei Verständnis.