wie wir schon gestern mitgeteilt hatten (Danke hier an Frau Claudia Hönig – Erfolg in Heilberufen) gibt es aktuell leider eine neue Abmahnwelle. Schon mehrere Heilpraktiker Kolleg:innen wurden angeschrieben und abgemahnt. Den Betroffenen wird vorgeworfen, sie hätten durch die Einbindung von Google Fonts in Ihrer Homepage die Persönlichkeitsrechte von Website-Besuchern verletzt und sich dadurch unterlassungs- und schadensersatzpflichtig gemacht.
In der Regel fordern die Verfasser der Abmahnschreiben zwischen 100 und 200 Euro von den Betroffenen. Hintergrund ist die DS-GVO (Datenschutzgrundverordnung) und ein Urteil des Landgerichtes München (Urteil vom 20.01.2022).
Abmahngefährdet sind nahezu alle privaten und gewerblichen Homepages, gleichwohl ob sie auf einem Baukastensystem beruhen oder von Programmierern erstellt wurden, da Google Fonts aufgrund ihrer weltweiten Verfügbarkeit regelmäßig für Webseiten genutzt werden.
Doch was sind Google Fonts überhaupt und wieso soll eine rein technische Hintergrundoperation Persönlichkeitsrechte verletzen?
Google Fonts ist ein interaktives Verzeichnis mit über 1400 Schriftarten (engl.: fonts), welche Google zur freien Verwendung bereitgestellt hat. Diese Schriftarten können entweder – nachdem man sich die Schriftarten bei Google heruntergeladen hat – auf dem eigenen Website-Server gespeichert und von dort abgerufen werden (sog. lokale Einbindung) oder bei jedem Aufruf der Website über eine spezielle Programmierschnittstelle von den Google-Servern importiert werden. Dabei war diese Einbindung in der Vergangenheit, aufgrund der höheren Praktikabilität und dem geringeren Aufwand für die Homepagebetreiber, regelmäßig die Variante der Wahl. Beinahe zwei Drittel der deutschen Websites haben Google Fonts über diese herkömmliche Art eingebunden, darunter auch große
Internetzeitschriften wie zeit.de, bild.de und welt.de.
Der Haken dabei: Beim Abruf der Google Fonts von den Servern in Amerika werden Google automatisch die dynamischen IP-Adressen der Homepagebesucher übermittelt, ohne dass zuvor eine Einwilligung eingeholt wird oder der Webseitenbetreiber oder der Nutzer überhaupt davon erfährt. Bei der lokalen Einbindung werden die Google Fonts vom eigenen Server geladen, eine Übertragung von IP-Adressen findet dann nicht statt. Die Übermittlung der dynamischen IP-Adressen bei der remote Einbindung stellt nach dem Urteil des Landgerichts München eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Website-Besucher (in der Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung) und einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a) DS-GVO dar. Bei der dynamischen IP-Adresse handelt es sich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nämlich um ein personenbezogenes Datum, welches ohne Einwilligung des Betroffenen nicht verarbeitet oder an Dritte weitergegeben werden darf (s. BGH, Urteil vom 16.05.2017 – VI ZR 135/13).
Nach Ansicht des Landgerichts München liegt für diesen Eingriff in die Rechte der Homepage-Benutzer auch keine Rechtfertigung wegen eines „berechtigten Interesses“ nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO vor. Auch wenn die Weiterleitung der dynamischen IP-Adresse ohne bösen Willen, ja im Regelfall ohne Kenntnis der Website-Betreiber, im Hintergrund und völlig automatisiert erfolgt, könnte die Einbindung der Google-Fonts auch lokal erfolgen. Die Weiterleitung der dynamischen IP-Adressen der Nutzer sei daher für den Betrieb der Website gerade nicht erforderlich. Nach dieser Rechtsprechung können die von der Weiterleitung ihrer IP-Adressen betroffenen Homepage-Nutzer Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche geltend machen.
Der jeweilige Homepagebetreiber kann zur Abgabe einer (für den Fall der Zuwiderhandlung strafbewehrten) Unterlassungserklärung aufgefordert und gegebenenfalls verklagt werden.
Außerdem kann nach Art. 15, Art. 4 Nr. 2 DS-GVO Auskunft verlangt werden, ob den Website Besucher betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden und welche personenbezogenen Daten gespeichert werden.
Zuletzt kommen nach dem Urteil des Landgerichts München Schadensersatzansprüche der Betroffenen nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO in Betracht. Diese Vorschrift ermöglicht auch Schadensersatzforderungen wegen immaterieller Schäden. Umstritten ist an dieser Stelle aber, ob nicht zumindest eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschritten sein muss oder auch bloße Bagatellschäden ausreichen.
Wie sollten sich Website-Betreiber verhalten?
Angesichts der durch die Rechtsprechung des Landgerichts München losgetretenen Abmahnwelle ist allen Website-Betreibern dringend zu einer sorgfältigen Prüfung zu raten, ob ihre Website Google Fonts verwendet und ob diese remote eingebunden sind. Im Internet finden sich Scanning Tools, mit denen kostenlos überprüft werden kann, ob die Google Fonts DS-GVO konform eingebunden sind. Hier zwei kostenlose Links zum Überprüfen der Web-Seiten:
Google-Fonts-Checker | SICHER3
alternativ
https://www.e-recht24.de/google-fonts-scanner
Im Falle einer datenschutzwidrigen Einbindung der Google Fonts sollte diese so schnell wie möglich abgestellt und eine datenschutzkonforme Einbindung vorgenommen werden. Hier besteht einerseits die Möglichkeit, Google Fonts auf dem eigenen Server lokal einzubinden oder ggf. ein Tool vorzuschalten, das vor einem Abruf der Fonts von den Google-Servern eine Einwilligung der Website-Besucher einholt. Entsprechende Anleitungen sind ebenfalls im Internet zu finden z.B. unter
https://www.drweb.de/google-fonts-datenschutzkonform-einbinden
oder unter
https://www.e-recht24.de/artikel/datenschutz/13052-datenschutz-und-google-fonts.html).
Was soll ich tun, wenn ich eine Abmahnung erhalten habe?
Wenn Sie Mitglied im UDH-Bayern sind, kommt zeitnah der Newsletter mit weiteren Informationen. Uns in Bayern hat Fr. Claudia Hönig, welche unsere Website betreut, sofort geholfen und das Problem beseitigt. Im Zweifel wäre auch Sie eine mögliche Ansprechpartnerin, wenn es darum geht wie Sie die Schriften einbinden können.
Einen ganz besonderen Dank an dieser Stelle an die Kollegen der UDH vom Landesverband Baden-Württemberg, welche uns ebenfalls Informationen zur Verfügung gestellt haben. Die Einschätzung zur Rechtslage und ein mögliches weiteres Vorgehen von Hr. Rechtsanwalt Alexander Diem stellen wir unseren Mitgliedern kostenlos zur Verfügung. Der Sondernewsletter ist in Arbeit.
Euer Vorstand vom LV-Bayern.